Freitag, 28. September 2012

Berlin.Entree









Bereits in den 1950er Jahren
gab es in der DDR Planungen für die Errichtung eines Fernsehturms
im damals geteilten Berlin, der zunächst in den Müggelbergen
im Bezirk Köpenick errichtet werden sollte.
Der bereits begonnene Bau dieses Fernsehturms Müggelberge
musste jedoch eingestellt werden, da er für die den Flughafen Berlin-Schönefeld
an- und von ihm abfliegenden Flugzeuge eine Gefahr bedeutet hätte.
Von diesem Bau wurde lediglich der Stumpf fertiggestellt.
Als Standortalternative war eine Fläche
am Rande des Volksparks Friedrichshain vorgesehen.
Dieses Projekt kam jedoch über die Planungsphase nicht hinaus.
Bereits 1956 hatten DDR-Funktionäre
die Baustelle des Stuttgarter Fernsehturms, des weltweit
ersten in Stahlbetonbauweise mit Korb, besichtigt
und 1959 wurde mit dem Fernsehturm Dequede
einer der ersten Nachbauten fertiggestellt.
Mit den immer umfangreicheren, auch in Ost-Berlin gut empfangbaren Programmen
des Westfernsehens wuchs der Druck, in der eigenen Hauptstadt und ihrer Umgebung
für guten Empfang des staatlichen Deutschen Fernsehfunks zu sorgen.
1964 wurde unter maßgeblicher Einflussnahme
des ersten Sekretärs des Zentralkomitees der SED, Walter Ulbricht,
die Errichtung des Fernsehturms im unmittelbaren Stadtzentrum beschlossen.
Die Architektur geht – ausgehend vom Vorbild Stuttgart – auf eine Idee
von Hermann Henselmann und Jörg Streitparth zurück,
die Bauplanung erfolgte im VEB Industrieprojektierung Berlin.
Wichtigste Architekten waren hier:
Fritz Dieter, Günter Franke und Werner Ahrendt.
Die Fußumbauung stammt von Walter Herzog und Heinz Aust.
Der Fernsehturm sollte eine „städtebauliche Höhendominante“ werden,
eine „Stadtkrone, die alles überragt und von der Sieghaftigkeit des Sozialismus kündet.“
In den Entwürfen von Henselmann sollte die Kugel rot angestrahlt werden.
Bruno Flierl hat ausgeführt,
dass die Metallfassade der Kugel Ähnlichkeiten zum sowjetischen Satelliten Sputnik aufweisen
und somit die technologische Überlegenheit der sozialistischen Staaten versinnbildlichen sollte.
Zur Erfüllung der Funktion als Fernsehsender hätte ein Turm
mit etwa 250 Metern Höhe ausgereicht;
der Berliner Turm sollte jedoch alle Türme jenseits des Eisernen Vorhangs deutlich überragen,
durfte aber den Fernsehturm Ostankino nicht übertreffen.
Zwecks Baufreimachung für die Errichtung des Fernsehturms
sowie die Umgestaltung seiner Umgebung wurde die in der Mitte der 1960er Jahre
in diesem Bereich noch erhaltene Bebauung 
mit Ausnahme der Marienkirche und des Roten Rathauses
abgerissen und der ursprüngliche aus dem Mittelalter stammende Straßengrundriss
der Berliner Altstadt aufgegeben.
Am 4. August 1965 war Baubeginn.
Der Gesamtbauleiter und Chef der Deutschen Bauakademie Walter Kürschner
wurde bereits 1965 abberufen, da die Baukosten mit rund 200 Millionen Mark
sechsmal höher wurden als ursprünglich kalkuliert.
Grund hierfür war unter anderem, dass zahlreiche Materialien importiert werden mussten:
die Außenverkleidung und die Scheinwerfer aus der Bundesrepublik,
Aufzüge sowie Klimaanlagen aus Schweden und Fenster aus Belgien.
Eine genaue Abrechnung über die Kosten wurde nie erstellt.
Nach gut vier Jahren Bauzeit wurde der Fernsehturm am 3. Oktober 1969
durch den damaligen Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht eingeweiht
und am 7. Oktober, dem Jahrestag der DDR-Gründung, eröffnet.
Zur Einweihung wurden die Architekten – entgegen üblicher Gepflogenheiten – nicht eingeladen.
Der Grund hierfür soll gewesen sein, dass sich Ulbricht
über die kreuzförmige Reflexion auf der Kugel („Rache des Papstes“) geärgert habe.


Marienkirche - datierte Postkarte von 1906
mit handschriftlicher Nachricht:
Wundervolle, aber enorm anstrengende Tage.
Sie machen sich keine Vorstellung, was es hier von Meistern,
deren Namen man bisher nicht einmal kannte, zu sehen gibt.
Ich fiel immer aus einer Überraschung in die andere.
Jetzt Sonnabendnachmittag geht es nach Lpz (Leipzig) zurück.
Ich freue mich auf den mündlichen Bericht zu Ostern.
Herzlichsten Gruss
 





-Der Neue Markt im Marienviertel  1860
 Stich von J. Richter