Donnerstag, 11. Oktober 2012

Hinter den(7)Bergen


Hinter den sieben Bergen, wieder zurück aus Berlin, hat sich der Garten
am Wald inzwischen buntgefärbt und es ist höchste Zeit vor der Gartentür 
auf Pilzsuche zu gehen.
Der Wald duftet zu dieser Jahreszeit besonders intensiv, Stille ringsum,
Vogelgezwitscher und Sonnengekringel auf sattgrünem Moos.
Berlin, wie bist Du fern.
Schön wieder zu Hause zu sein.


















Pilze im Plastebeuteln oder Plasteeimern zu sammeln sollte tabu sein.
Pilze am besten im Wald, am Fundort vorgesäubern.
Unbekannte Arten gar nicht erst herausdrehen, nicht abschneiden
und auch nicht mit dem Fuß umstoßen.
Waldpilze sind keine Pflanzen und kein Tier.
Durch ihr oft riesiges unterirdisches Wurzelgeflecht 
zählen sie zu den größten Lebewesen dieser Erde.
Gewußt?
"Weder Tier noch Pflanze
Pilze betreiben keine Photosynthese,
also gehören sie nicht zu den Pflanzen.
Stattdessen ernähren sie sich von toten oder lebenden Organismen
aus ihrer Umgebung - genau wie Tiere es tun.
Doch auch ins Tierreich gehören die Pilze nicht.
Schließlich gleicht der Aufbau ihrer Zellen eher den Pflanzen.
Ein Pilz ist also weder "Fleisch noch Fisch".

Den größten Teil der Pilze
bekommen wir beim Sammeln oder Spazierengehen
gar nicht zu Gesicht.
Lediglich die Fruchtkörper wachsen „überirdisch“, treten also zu Tage.
Das tatsächliche Pilzleben spielt sich unter der Erdoberfläche ab.
Der eigentliche Pilzkörper besteht dabei aus einem fadenartigen Zellgeflecht,
welches im Boden oder in einem anderen Organismus gedeiht.
So ein Pilzgeflecht kann sich im Extremfall
über eine mehrere Hektar große Fläche erstrecken,
einige Tonnen wiegen und über tausend Jahre alt werden!

Im Naturkreislauf sind Pilze fürs Recycling zuständig.
Zusammen mit den Bakterien kümmern sich die Pilze um die Zersetzung
im Stoffkreislauf unserer Ökosysteme.
Sie zerlegen beispielsweise Holz, zersetzen vertrocknete Blätter und Früchte
und bauen Horn und Fette ab.
Dabei führen sie Stickstoffe und andere Nährstoffe in den Boden zurück,
wo diese Pflanzen und Tieren erneut zur Verfügung stehen.
Diese Recycling-Aufgabe macht Pilze aus ökologischer Sicht
zu den Ernährern des Waldes.

Eine weitere Schlüsselrolle
haben Pilze als wichtiger Partner in einer Lebensgemeinschaft - auch Symbiose genannt.
Eine besondere Lebensgemeinschaft bilden zum Beispiel Pilze und Algen: die Flechten.
Aber auch die Wurzeln unserer Bäume gehen eine Symbiose mit Pilzen ein.
Die sogenannte Mykorrhiza, übersetzt "Pilzwurzel", versorgt den Baum
mit Nährstoffen und Wasser aus der Erde.
Im Gegenzug erhält der Pilz die lebensnotwendigen Stoffe,
wie Eiweiße, Vitamine und vor allem Zucker, der bei der Photosynthese in den Blättern entsteht.

Bislang sind etwa 100.000 Pilzarten bekannt.
Man geht allerdings davon aus, dass weltweit mehr als eine Millionen Arten existieren.
Doch viele Pilze sind gefährdet oder bereits ausgestorben.
Sie reagieren sehr empfindlich auf Umweltbelastungen.
So ist bereits in den 1970er Jahren in Zusammenhang mit Forschungen
über das Waldsterben erkannt worden, dass vor dem Wald die Pilze sterben,
beziehungsweise der Artenschwund der Pilze mit dem Absterben der Bäume gekoppelt ist.
Soll das Artensterben im Wald gestoppt werden,
müssen wir uns für eine naturnahe, schonende Bewirtschaftung
und für großflächige Waldschutzgebiete einsetzen.

Pilzsammler wissen:
Beim Sammeln müssen die Stiele knapp über dem Boden abgeschnitten
oder die Pilze vorsichtig herausgedreht werden.
Entsteht dabei ein Loch ist dieses mit Erde aufzufüllen,
damit das Pilzgeflecht nicht austrocknet.
Mit diesen Methoden bleibt das Myzel erhalten und der Pilz lebt weiter.
Reißt man hingegen den Fruchtkörper aus dem Boden,
wird das Erdgeflecht zerstört und der Pilz getötet.
Viele Speisepilze haben giftige Doppelgänger,
Deshalb gilt es, beim Sammeln nur die Pilze mitzunehmen,
die man kennt und verwerten kann".